Die Karawanken, eine Inspiration für Kunst und Kooperation

Lange Jahrzehnte symbolisierte der Gebirgszug der Karawanken eine Trennlinie, heute stellen diese Berge immer mehr eine Chance für grenzüberschreitende Zusammenarbeit dar.

    Text JOŽE KOŠNJEK
    Übersetzung BOJAN WAKOUNIG
    Fotos GORAZD KAVČIČ

Der Gebirgsstock der Karawanken zieht sich auf einer Länge von über 120 km von Tarvis im Westen bis zur slowenisch-kroatischen Grenze im Südosten.
Einer Perlenkette gleich reihen sich die Berggipfel vom ersten Zweitausender, dem Mittagskogel, auf Slowenisch Jepa (auf Kärntner Seite) oder Kepa (auf Krainer Seite), über den Kahlkogel (Golica), den Hochstuhl (Stol), mit 2236 m die höchste Erhebung der Gebirgskette, die Begunjščica, die Koschuta (Košuta), den Hochbir (Obir), die Petzen(Peca) bis zum Ursulaberg (Uršlja gora) in Slowenien, um dann mit dem Boč und der Donačka gora in der slowenischen Untersteiermark langsam ihr Ende zu finden. Von beiden Seiten der Staatsgrenze, von südlicher und nördlicher Seite, führen Wege auf die Gipfel, die wunderbare Ausblicke und Bergerlebnisse garantieren. 

Der Weg zur Adria führt über die Karawanken

Die Karawanken waren in der Vergangenheit auch Schauplatz von Kämpfen um die Vorherrschaft. Dies verwundert nicht, ist der Gebirgszug doch die letzte große Hürde auf dem Weg vom Zentrum Europas zum Mittelmeer bzw. zur Adria. Der Weg über die Karawanken ist somit auch die kürzeste Verbindung und ein zentraler Handelsweg seit Jahrhunderten. In den Karawanken, im Bereich des Loiblpasses, versetzte die Kärntner Heimwehr im Jahre 1813 den napoleonischen Truppen eine schwere Niederlage, die dann auch das Ende der Illyrischen Provinzen einläutete, eines von den Franzosen geschaffenen Staatsgebildes, das von der dalmatinischen Küste bis nach Kärnten reichte. Auch nach dem Ersten Weltkrieg blieben die Karawanken nicht von Kämpfen um die neue Staatsgrenze verschont. Als nach dem Zweiten Weltkrieg endlich wieder Frieden einkehrte, wurden in den Karawanken militärische Abwehranlagen erbaut, um einem befürchteten Angriff auf Kärnten von jugoslawischer Seite aus, Einhalt zu gebieten. Diese Angst hielt sich viele Jahrzehnte. Heute ist sie zum Glück schon lange Teil der Vergangenheit, die Bevölkerung auf beiden Seiten der Karawanken ist davon endlich befreit. Doch Ängste vor anderen „Eindringlingen“ führten zu einer Rückkehr bewaffneter Grenzschützer in den Karawanken…

Eine Quelle der Inspiration für Literaten, Künstler, Musiker ...

Die Karawanken waren nicht nur ein Symbol der Trennung, des gegenseitigen Misstrauens und kriegerischer Auseinandersetzungen, die Karawanken sind auch eine Quelle der Inspiration. Unglaublich, wie viele Literaten, Künstler und Musiker auf beiden Seiten der Karawanken lebten und leben. So zum Beispiel Slavko Avsenik mit seinen legendären Oberkrainern, der die Herzen von Musikliebhabern in ganz Europa erobern konnte. Oder auf der Kärntner Seite Pavle Kernjak, der berühmte kärntnerslowenische Komponist aus Treffen (Trebinja) bei St. Egyden (Šentilj). Beide, Avsenik und Kernjak, waren Autodidakten und reiften musikalisch am Fuße der Berge heran. Zu den Söhnen der Karawanken zählen auch der slowenische Nationaldichter France Prešeren, die beiden Priester und Schriftsteller Fran Saleški Finžgar und Janez Jalen, einer der ersten slowenischen Autoren Anton Tomaž Linhart oder die beiden slowenischen Schriftsteller Lovro Kuhar, besser bekannt unter seinem als Pseudonym genutzten vulgo Namen Prežihov Voranc, sowie Primož Suhodolčan. Von den slowenischen Autoren in Kärnten sind die Gailtaler Matija Majar-Ziljski und Urban Jarnik zu erwähnen, aber natürlich auch die aus der Gemeinde Bad Eisenkappel-Vellach stammenden Literaten Valentin Polanšek, Maja Haderlap und Florjan Lipuš. Am Fuße der Petzen, in Loibach (Libuče) war die Dichterin Milka Hartman zu Hause. Nur selten findet man eine Region, in der so viele Kunstschaffende zur Welt kamen und wirkten. Diese Berge mit ihren Tälern und Schluchten sind eine wahrhaftige Quelle der Inspiration und Kreativität. 

Berge, die verbinden

Es ist zu hoffen, dass die Karawanken auch in Zukunft Berge bleiben, die verbinden. Die südliche und nördliche Seite werden durch Straßen und zwei Tunnels miteinander verbunden: durch den Eisenbahntunnel zwischen Rosenbach und Hrušica und den in unmittelbare Nähe gelegenen Karawanken-Straßentunnel. Täglich pendeln viele, vor allem von slowenischer Seite aus, über die Karawanken zur Arbeit. Viele Schüler und Studenten aus Slowenien studieren in Kärnten, immer mehr Kärntner zieht es aber auch zum Studium nach Ljubljana. Schon mehrere Jahre sind Klagenfurt und Ljubljana durch eine Buslinie miteinander verbunden. Beide Regionen, südlich und nördlich der Karawanken, sind touristisch interessant, sommers wie winters. Beide Regionen kooperieren auch bei der Ausrichtung der Nordischen Schiweltmeisterschaft 2023 in Planica. Kooperationen gibt es auch beim Naturschutz, der Bewahrung des kulturellen Erbes, der öffentlichen Sicherheit und beim Zivilschutz auf beiden Seiten der Staatsgrenze.

Und noch etwas verbindet die Einwohner der Karawankenregion: die in vielen Bereichen gemeinsame Kultur. Und sowohl in Slowenien als auch in Kärnten wird slowenisch gesprochen. Obwohl die schroffen Berge eine geographische Trennlinie darstellen, so gibt es doch um vieles mehr Verbindendes als Trennendes. Wie sind uns näher, als wir vielleicht denken.

Die Karawanken ziehen sich von Westen nach Osten über mehr als 120 km, ihre höchste Erhebung ist der Hochstuhl (Stol)