Bei einer solchen Geschichte ist es gut, sie zu verstehen

    Autor BOJAN WAKOUNIG

Drago Jančar ist der in Österreich zweifelsohne meistgelesene slowenische Autor, seine Leseabende sind in der Alpenrepublik regelmäßig gut besucht. So auch im September dieses Jahres, als er in Klagenfurt auf Einladung des Hermagoras-Vereines aus seinem letzten Roman las, der in der deutschen Übersetzung von Daniela Kocmut mit dem Titel Wenn die Liebe ruht erschien. Nach Ansicht des langjährigen ORF-Kulturjournalisten Horst Ogris hat Jančars Beliebtheit in Österreich vor allem damit zu tun, „weil seine Erzählungen Schicksale beschreiben, die sowohl den Österreichern als auch den Slowenen nahestehen. Er schreib Literatur, die auf den Erfahrungen Vieler fußt“.

Auf die Frage, weshalb er in seinen Werken immer wieder auf historische Themen, auch aus der Zeitgeschichte, zurückgreife, antwortete Jančar in Klagenfurt mit der Wichtigkeit, Vergangenes zu verstehen: „Sachen wurden oft nicht auf die passendste Art gelöst, weswegen wir uns noch heute mit ihnen beschäftigen müssen. Nehmen sie welche Ideologie des 20. Jahrhunderts auch immer, eine nationale oder soziale, alle sprechen von der Jugend und der Zukunft. Die Wirklichkeit wurde aber immer düsterer. Nach jedem Aufschwung großer Hoffnungen, dem die Massen folgten, kamen Abstürze in schwere Verletzungen der Menschenrechte. Menschenrechte sind ein moderner Begriff, damals sprach man von den Rechten des eigenen Volkes oder seiner Klasse, das aber endete in Verhaftungen, Zensur, in Konzentrationslagern und all dem, was das 20. Jahrhundert mit sich brachte. Wenn wir eine solche Geschichte haben, ist es gut, wenn wir sie verstehen“.

Anlässlich der Verleihung des österreichischen Staatspreises für europäische Literatur im heurigen August betonte die Laudatorin Katja Gasser, ORF-Literaturressort-Chefin, Jančar veranschauliche in seinem Werk „eindringlich die schrecklichen historischen Verwerfungen, die politischen Katastrophen des 20.Jahrhunderts anhand der Leben von Einzelnen – auf dass auch unser kollektives Gedächtnis davor bewahrt werde, sich der Neigung zu, dem Drängen nach Amnesie anheimfallen zu lassen“.