Zum Buch

Der österreichisch-slowenische Grenzraum ist hoch interessant: Unterschiedliche Sprachen und Kulturen treffen auf jahrhundertealte Verbindungen in einem gemeinsamen Staatswesen, dessen Zerfall im 20. Jahrhundert zu Kriegen und Konflikten führte. Mittendrin befindet sich die Hermagoras, die 1851 als einer der ersten Vereine Kärntens mit der Zielsetzung der Herausgabe von slowenischen Büchern gegründet wurde. Aufgrund ihrer Bedeutung für den gesamten slowenischen Sprachraum und aufgrund ihrer christlich-sozialen Ausrichtung war sie von den ethnisch-nationalen (neue Grenzziehungen) und ideologischen Konflikten (Kapitalismus versus Kommunismus) im österreichisch-slowenischen Sprachraum besonders betroffen. Dabei wurde sie zur Mittlerin zwischen beiden Staaten und zur Vermittlerin von Sprache und Kultur beidseits der Grenze. Im vorliegenden Buch sollen aufgrund dieser besonderen historischen Rolle der Hermagoras neue Wege und Ansätze für den österreichisch-slowenischen Grenzraum angedacht werden.

Über den Herausgeber

Hanzi Tomažič war lange Jahre Chefredakteur der Nedelja, der slowenischsprachigen Kirchenzeitung der Diözese Gurk-Klagenfurt. Jetzt ist er als Mitinhaber der Design- und Kommunikationsagentur ilab crossmedia auch weiterhin publizitisch tätig. Der Absolvent des Bundesrealgymnasiums für Slowenen in Klagenfurt war in führenden Positionen bei mehreren Medienprojekten in Kärnten und Slowenien tätig. Als Geschäftsführer von Radio Korotan wirkte er beim Aufbau des slowenischsprachigen Privatradios mit, außerdem war er zur Zeit des Umbruchs in der Republik Slowenien einer der Starthelfer bei der Wiederbelebung der Tageszeitung Slovenec in Ljubljana. Er war Mitbegründer der Jugendinitative „Slowenisch, meine Sprache“, die sich die Erhaltung der slowenischen Sprache in Kärnten zum Ziel gesetzt hatte, und langjähriges Vorstandsmitglied des Christlichen Kulturverbandes.

Gedanken mit auf den Weg geben

Kärnten, das südlichste Bundesland Österreichs mit dem Grenzraum zu Italien und Slowenien, ist nicht nur „lei ans“, also eine touristisch verwertbare melancholische Mischung dreier Kulturkreise, sondern auch eine beispielhafte mitteleuropäische Region für den mit der Jahrhundertwende beschleunigten Strukturwandel, ausgelöst durch Digitalisierung und Globalisierung. Dies belegt eine umfangreiche Studie von Joanneum Research im Auftrag  der Kärntner Arbeiterkammer vom Herbst 2021 recht eindrucksvoll. In der Studie wird vor allem auf das neue zweite Standbein des Landes hingewiesen: Verstand man sich bisher vor allem als Tourismusland, kommt nun der Großteil der Wertschöpfung aus der Industrie. Der Halbleiterhersteller Infineon in Villach oder der Automobilzulieferer Mahle in St. Michael bei Bleiburg/Šmihel pri Pliberku stehen an der Spitze einer Reihe hoch produktiver und wissensintensiver Industriebetriebe. Durch deren Ansiedlung kann sich Kärnten im internationalen Kontext nun mit hochentwickelten europäischen Industrieregionen vergleichen. Diese Entwicklung wird sich mit der Inbetriebnahme der Koralmbahn, die den Kärntner Zentralraum noch viel näher an die beiden größten Städte Österreichs Graz und Wien heranrücken lässt, aller Voraussicht nach noch beschleunigen.  Die Studie zeigt aber auch die Probleme auf, die mit dieser an und für sich erfreulichen Entwicklung einhergehen: fehlende Bildungs-, Ausbildungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten im Land, Mangel an qualifizierten Arbeitskräften, zu wenig Tempo beim Ausbau der Digitalisierungsinfrastruktur. Und hier kommt die Mohorjeva-Hermagoras ins Spiel. Die 170 Jahre alte zentrale Institution der Kärntner Slowen*innen hat nämlich gerade in Bezug auf die Kärntner Problemfelder jahrzehntelang erprobte Expertise im Bereich Kinder- und Jugendbildung sowie -betreuung. Das kombiniert mit einer Weltoffenheit sowie dem selbstverständlichen Umgang mit Mehrsprachigkeit und dem Fokus auf Herzenskultur: Das alles sind Angebote für eine erfolgreiche Zukunft Kärntens. Bildung – Digitalisierung – Kultur waren daher auch die Themen der Gespräche mit Persönlichkeiten aus diesem Raum. Dabei geht es stets um Haltung in bewegten Zeiten. Und so bilden die Gespräche nicht nur eine Rückschau, sondern blicken auch in die Zukunft und dienen damit als Kompass für all das, was vor uns liegt. Die Lektüre der Beiträge soll uns helfen die Zukunft besser zu „er-spüren“ und zu planen, Wege die ins Abseits oder in eine Einbahn führen zu vermeiden und bei Kreuzungen die richtige Abzweigung zu nehmen. Damit Kärnten und darüber hinaus die gesamte Region lebenswert bleiben.

Hanzi Tomažič

martina.kanzian@mohorjeva.at