Wenn Fastentücher Altäre verhüllen

Vor Ostern werden in zahlreichen Kirchen in Kärnten die Altäre mit Fastentüchern verhüllt. Einige sind schon sehr alt, andere sind neu und modern. Das älteste Tuch hängt im Dom zu Gurk. Es ist 561 Jahre alt.

    Autor JOŽE KOŠNJEK
    Übersetzung BOJAN WAKOUNIG
     Fotos GREGA FLAJNIK, ARCHIV DER FAMILIE TUŠEK

Vor Jahren erzählte mir Ivanka Kronawetter, geborene Starman (ihre Eltern stammen aus Škofja Loka), eine bekannte Kärntner Reiseführerin, die Geschichte der Fastentücher in Kärnten. Im April 2012 schrieb ich für die Zeitung »Gorenjski Glas« eine Reportage darüber. Während der diesjährigen Fastenzeit entschlossen wir uns, diese Kärntner Besonderheit vor Ort näher kennenlernen zu wollen. Einige Tage vor Ostern waren zwei Busse voller treuer Abonennten und Leser auf den Spuren der berühmtesten Kärntner Fastentücher unterwegs. Wir waren in Maria Saal, Gurk, Haimburg und Eisenkappel, und wir sahen zwei der ältesten und zwei modernere Fastentücher.

Die Fastentücher sind hauptsächlich Ausdruck der Frömmigkeit des Volkes, als man sich nach innen kehren musste und nicht mit dem Altar oder anderen Altar-Bildnissen liebäugeln durfte. Gleichzeitig war der Geschmack des vor dem Altar aufgehängten, bemalten Stoffes Ausdruck für menschliches Bemühen, sich auch auf diese Weise vor Gott zu verneigen und sich zu bedanken. Die ersten Fastentücher wurden im 9. Jahrhundert bemalt und bedeckten zuerst nur Kreuze und Heiligenbilder, später den gesamten Altarraum. Im Laufe der Jahrhunderte gewannen sie an künstlerischem Wert und wurden mit Motiven aus der Bibel bemalt, insbesondere mit Motiven aus dem Leiden Jesu und Geschichten aus dem Alten Testament über Adam und Eva, Arche Noah und den Weg Mose auf den Berg Sinai.

Der Priester Polde Zunder vor dem Fastentuch der Pfarrkirche des hl. Mihael in Bad Eisenkappel/Železna Kapla, gemalt vom bekannten Künstler  Valentin Oman.

Der Priester Polde Zunder vor dem Fastentuch der Pfarrkichre Hl. Mihael in Bad Eisenkappel/Železna Kapla, gemalt vom bekannten Künstler Valentin Oman.

Gurk und Haimburg

Unter den 163 Fastentüchern in Kärnten, so steht es im Buch »Fastentücher in Kärnten«, das 2017 in Klagenfurt veröffentlicht wurde, gibt es zwei Tücher, die besondere Beachtung verdienen.  Das älteste Fastentuch kann man in Gurk/Krka bestaunen, es wurde 1458 bemalt. Es misst neun mal neun Meter, und beinhaltet 99 Bildfelder mit 108 Szenen. Fünfzig Bildfelder entsprechen Szenen aus dem Alten Testament, 49 denen aus dem Neuen Testament. Es wurde von dem Meister Konrad aus Friesach in der Temperamalerei auf Leinwand gemalt. Fast ein halbes Jahrhundert später, genauer 1504 wurde ein Fastentuch in Haimburg/Vovbre nad Velikovcem gemalt. Man sagt, das Haimburger Fastentuch ist das schönste in Kärnten. Seine Höhe beträgt 4,20 m, die Breite 3,80 m. Es sind 36 Bilder in Leimfarbentechnik, je sechs in sechs Reihen dargestellt. Danach besichtigten wir noch das Fastentuch in der Kirche bei Maria Saal , das in der Batiktechnik von Karl Wolscher von 1990 bis 1994 auf Leinwand gemalt wurde. Am Ende unserer Fahrt durch Kärnten erklärte uns Pfarrer Polde Zunder in der Pfarrkirche des Hl. Michaels in Eisenkappel die Inhalte des aufgehängten Fastentuchs, dessen Maße 8 m Höhe x 4 m Breite betragen. Dieses Tuch wurde 2013 vom  Maler Valentin Oman gemalt. Damit drückte er den Glauben des Menschen und seinen Weg aus der Dunkelheit ins Licht aus.

Das Fastentuch in Gurk ist neun Meter hoch. Aufgrund von Restaurierungsarbeiten war dieses Jahr nur ein Viertel davon zu sehen.

Fastentücher unterhalb der Karawanken

Falls Sie sich während der nächsten Fastenzeit  für eine Besichtigung dieser Kärntner Besonderheiten entscheiden, müssen Sie nicht weit fahren. Natürlich lohnt es sich nach Gurk und Haimburg oder Klagenfurt zu fahren, wo während der Fastenzeit zwei der ältesten Fastentücher zu sehen sind. Interessante Tücher gibt es aber auch in den Kirchen, nahe der Staatsgrenze. Bei deren Entstehung wirkten unter anderem auch slowenische Künstler aus Kärnten und Slowenien mit.

In St. Stefan an der Gail/Štefan na Zilji  wird während der Fastenzeit ein interessantes, jedoch kleineres Fastentuch aus dem 19. Jahrhundert aufgehängt. Die Villacher Kathedrale des Hl. Jakob ist stolz auf das Fastentuch aus 2004, das 5 m hoch und 2,40 m breit ist. Es wurde von zwei Bürgern aus Krainburg/Kranj, dem bereits verstorbenen Maler Vinko Tušek und seinem Sohn Marko gemalt. Auch der Künstler Valentin Oman hinterließ bleibende Spuren. Außer seinem bereits erwähnten Fastentuch in der Michaelskirche in Eisenkappel kann man seit 2006, während der Fastenzeit, sein Fastentuch in den Maßen 8 m x 5 m in der Pfarrkirche in Latschach/Loče am Faaker See besichtigen. Der Künstler bekam die Inspiration dazu 1991 in Piran, als ihn die Tragödie der Menschen während des Balkankrieges erschütterte. Nicht weit weg gibt es in der Kirche Maria Wörth/Marija na Otoku am Wörthersee während der Fastenzeit ein Fastentuch in der Größe 5,30 m x 3,30 m zu sehen, das Maria Mlecnik-Olinowetz in Öl auf Leinwand gemalt hat. Mit einem interessanten Fastentuch kann sich auch die Pfarrgemeinde in Ferlach/Borovlje rühmen. 1998 wurde es in Acrylmalerei von Maria Zdouc gemalt. Am Fuße der Karawanken, in St. Margareten im Rosental/Šmarjeta v Rožu wird ein kleineres Fastentuch mit dem Abbild Jesu Tod am Kreuz aufgehängt, in Sittersdorf/Žitara Vas ist man stolz auf zwei Fastentücher: auf das ältere, schätzungsweise aus dem Jahr 1946 und das neuere aus dem Jahr 2011, das Schüler von der hiesigen Volksschule gemalt haben. Zum Schluss meines Berichtes möchte ich Sie noch zur Besichtigung der Fastentücher in Eberndorf/Dobrla vas und Globasnitz/Globasnica einladen. Das Eberndorfer Fastentuch wurde in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gemalt. Auf ihm ist die Abbildung der Maria mit dem toten Jesus im Schoß bzw. Pietá zu sehen. Das Globasnitzer Fastentuch entstand im 19. Jahrhundert, auf dem Abbildungen des knienden Jesus, seine Krönung mit der Dornenkrone und sein Tod am Kreuz zu sehen sind.

Vinko Tušek und sein Sohn Marko malten ein Fastentuch für die Pfarrkirche des Hl. Jakob in Villach.