Auf dem Weg zu slowenischen Literaten

Der Weg des Kulturerbes Žirovnica gehört zu den schönsten Themenwegen in Slowenien. Die Route führt zu den Geburtshäusern von vier großen Gestalten der slowenischen Literatur: France Prešeren, Matija Čop, Fran Saleški Finžgar und Janez Jalen, aber auch zum Bienenhaus des Wiener Hofimkermeisters Anton Janša. Auf der zehn Kilometer langen Strecke lernt man sowohl die Kulturgeschichte als auch die wunderbare Landschaft kennen.

    Autor URŠA PETERNEL
    Übersetzung BOJAN WAKOUNIG
     Fotos GORAZD KAVČIČ

Es war ein regnerischer Frühlingstag, als wir uns auf den Weg begaben, und eigentlich starteten wir in der Mitte, in Doslovče, beim Geburtshaus des Schriftstellers und Priesters Fran Saleški Finžgar. In der ehemaligen Keusche am oberhalb des Dorfes gelegenen Hanges erwartete uns schon Petra Kržan vom Tourismusamt in Žirovnica, eine Kennerin der lokalen Geschichte, die eine Menge Anekdoten über alte Zeiten zu erzählen weiß. Zum Beispiel auch darüber, wie der Vater des späteren Schriftstellers und Dichters Finžgar als Weber, Schneider und Köhler für den Unterhalt der Familie sorgte, wie er seine erste und noch erhaltene Nähmaschine bekam und mit ihr Lederhosen und Mäntel aus Schafsfell anfertigte. „Der Vater war der erste Schneider in der Pfarre, der eine Nähmaschine kaufte. Die Dörfler gingen zu ihm wie zu einer Ausstellung, um das Wunder der Technik zu sehen. Ich kann mich noch gut erinnern, wie ein Mann seine Leinenhosen brachte und vom Vater verlangte: France, versprich mir, dass du die Hose mit der Hand nähen wirst. Deinem neuen Spinnrad vertraue ich keinen Deut“, erinnerte sich später Fran Saleški Finžgar.

Kržan kennt viele Anekdoten und bindet diese immer wieder ein, wenn sie von alten Zeiten erzählt. Besonders gern erwähnt sie Passagen aus Finžgars literarischen Werken; interessant dabei ist, dass Finžgar in den Büchern sein gesamtes Leben dokumentiert hat. In den Kellerräumen werden anhand von Bildern, Fotografien, Dokumenten und Büchern die Familie Finžgar, ihr Wirken und Erbe präsentiert.

Das Jalen-Haus in Rodine

Die nächste Station auf dem Weg des Kulturerbes ist das Geburtshaus des Schriftstellers und Priesters Janez Jalen in Rodine, in unmittelbarer Nähe der Kirche es hl. Klemens gelegen. Dort empfängt uns Janez Mulej, der Urneffe Janez Jalens. „Oh, bei mir sehe ich so manche Charaktereigenschaft meines Uronkels! Die Liebe zum Alpinismus, eine Widerständigkeit, Sturheit, aber auch die Liebe zur Natur“, meint Janez Mulej auf die Frage, welche Wesenseigenschaft er vom berühmten Uronkel geerbt habe. Mulej kümmert sich schon seit einem Vierteljahrhundert mit Eifer und Begeisterung um das Geburtshaus des Schriftstellers Finžgar. Das Haus befindet sich im Privatbesitz der Familie Mulej: ein Teil dient als Wohnbereich, im älteren Teil wurde in Zusammenarbeit mit dem Denkmalamt in Kranj eine Museumssammlung über das Leben und Wirken des Schriftstellers eingerichtet. Mulej sagt, das Haus sei voller originaler Gegenstände Jalens gewesen, er habe eine moralische Verpflichtung gespürt, die Erinnerung an den Autor in Slowenien sehr beliebter Bücher und Erzählungen aufrechtzuerhalten. Im Jahre 1997 wurde die Sammlung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Im Vorraum sind Dokumente ausgestellt, auch eine Rauchküche wurde rekonstruiert, in der Kammer ist der Arbeitsplatz Jalens mit seinen Manuskripten, gedruckten Werken und Dokumenten zu besichtigen, im Wohnraum steht noch immer die originale Einrichtung. Im Haus finden auch Kunstaustellungen und andere Veranstaltungen statt, im Hof davor werden Bühnenstücke aufgeführt.

Der Weg des Kulturerbes Žirovnica verbindet die Geburtshäuser France Prešerens in Vrba, seines Freundes Matija Čop in Žirovnica, der beiden Schriftsteller Fran Saleški Finžgar in Doslovče und Janez Jalen in Rodine sowie das Bienenhaus Anton Janšas in Breznica. Der Weg erstreckt sich auf einer Länge von zehn Kilometern, zusammen mit den Besichtigungen sind rund vier Stunden zu veranschlagen. Die Museumssammlungen stehen jeden vierten Samstag im Monat von März bis Oktober offen, für Gruppen mit mindestens zehn Teilnehmern aber auch nach Absprache. Einen Besucheransturm gibt es jedes Jahr am 8. Februar, dem slowenischen (arbeitsfreien) Kulturfeiertag.

Der Geburtsort des ersten Hofimkermeisters

Von Rodine geht es weiter nach Vrba mit einer Zwischenstation in Breznica, wo auf einer Anhöhe ein Bienenhaus zur Erinnerung an den aus diesem Ort stammenden Wiener Hofimkermeister Anton Janša (1734-1773) errichtet wurde. Obwohl des Schreibens nicht kundig, verfügte er über ein so enormes Wissen über die Imkerei, dass er an der Theresianischen Imkerschule in Wien von Kaiserin Maria Theresia zum Lehrer und Direktor ernannt wurde und als Pionier der modernen Bienenzucht in die Geschichte einging. Der Jahrestag seiner Geburt, der 20. Mai, wurde von der UNO auf Antrag Sloweniens zum Weltbienentag erklärt.

Das Geburtshaus des Nationaldichters

An der Kirche des hl. Markus vorbei erreichen wir die Hauptstation dieses Weges, das Geburtshaus des Dichters France Prešeren. Ein Teil seines Gedichtes Zdravljica ist heute die slowenische Nationalhymne und sein Bildnis ziert die Rückseite der slowenischen 2-Euro-Münze. Jedes Jahr pilgern tausende Besucher dorthin, die meisten davon sind Schulkinder. Viele Schulen verbinden den Besuch mit einer Unterrichtsstunde direkt im Haus. Als langjähriger und erfahrener Guide empfängt Janez Dolžan seine Gäste und weiß ihnen unzählige Fakten und Anekdoten aus dem Leben des dichtenden Advokaten zu erzählen. Von ihm heißt es auch heute noch in Slowenien, er sei der größte Dichter des slowenischen Volkes. Dolžan entführt die Besucher aber auch in alte Zeiten, als noch in der Rauchkuchl gekocht wurde (im Winter wird dort noch heute Feuer gemacht), die Kinder auf den Bänken oder in Backtrögen schliefen… Die Kleinsten fasziniert vor allem die Wiege, in der der kleine France schlief und die in seinem Geburtszimmer ausgestellt ist. Aber auch andere Originalgegenstände künden von vergangenen Jahrhunderten. Auch eine vergoldete Pendeluhr ist eine originale Antiquität. Die meisten Gegenstände wurden vom Priester und Schriftsteller Fran Saleški Finžgar gesammelt, der sich auch dafür einsetzte, das Haus zu kaufen und es als Museum zu erhalten. Gleich zwei Drittel der dafür benötigten Mittel hat angeblich die Schuljugend aufgestellt, denn jeder Schüler musste damals - es sind schon mehr als acht Jahrzehnte seitdem vergangen - einen Dinar spenden. In Museum sind auch zahlreiche Bücher über den Dichter ausgestellt, verschiedenste Nachdrucke seiner Poesien und Übersetzungen in andere Sprachen, eine Sonderausstellung beleuchtet sein Leben und Wirken ...

Wo einer der gebildetsten Europäer seiner Zeit zu Welt kam

In Žirovnica, direkt am Fuße des mächtigen Bergstocks des Hochstuhls gelegen, steht den Besuchern das Geburtshaus Matija Čops offen, vom dem Urška Aljančič, die durch das Haus führt, meint: „Matija Čop ist als Freund des Dichters Prešeren bekannt, nur wenige kennen aber sein außerordentliches Werk. Er war einer der gebildetsten Europäer seiner Zeit, er beherrschte 19 Sprachen. Er war der erste slowenische Bibliothekar, Literaturwissenschaftler und Kritiker. Von unschätzbarem Wert sind seine Bemühungen darum, dass auch die Gebildeten seiner Zeit sich der slowenischen Sprache bemächtigen und sie anderen europäischen Sprachen gleichwertig machen würden“. In der Museumssammlung wird Čops Lebensweg präsentiert, sein Schaffen, seine Tätigkeit als Bibliothekar und seine Beziehung zu Prešeren. Matija Čop ertrank in der Save bei Ljubljana, erst 38 Jahre alt. Obwohl hochgebildet, hat er aber nur weniges veröffentlicht, weswegen ihn der Dichter und Freund Prešeren gerne stichelte.